Warum ist der IP-Wert bei einem Baulaser sehr wichtig?
Die blanken Zahlen des IP-Widerstandswerts geben nicht immer die garantierte Zuverlässigkeit der Geräte bei schwierigen Wetterbedingungen an. Es stellt sich heraus, dass sich hinter diesem Standard ein paar Tricks verstecken. Der Herbst und Winter bietet den idealen Rahmen, um über die Unzulänglichkeiten und Grenzen dieser Norm zu berichten.
Wer braucht die Angaben zur Schutzart?
Den exakten Prozentsatz der Käufer, die Laser-Messgeräte kaufen und die Widerstand gegen Regen und Staub benötigen, kennen wir nicht. Vier von fünf Kunden dürften es ungefähr sein. Meistens taucht diese Fragestellung erst am Ende eines Gesprächs über ein spezielles Gerät auf – wenn das richtige Modell gesucht wird. Dies zeigt aber dass der IP-Wert für die Nutzer wichtig ist. Dies ist nicht verwunderlich, denn auf der Baustelle kann es durchaus sein, dass ein Baulaser mit Beton in Berührung kommt, ein Laser-Entfernungsmesser in den Schlamm fällt oder ein Kreuzlinienlaser von einer Schicht aus Gipsstaub bedeckt wird.
Man kann es nicht leugnen: In einer Zeit in der sich die technologische Entwicklung praktisch aller Messinstrumente verlangsamt, nutzen die Hersteller den Wiederstand gegen widrige Bedingungen als Argument für potentielle Käufer. Die Verwendung des IP-Standard ist teilweise noch Prestige – so zeigt man, dass das hergestellte Produkt den allgemein anerkannten internationalen Standards genügt. Wir wollen aber auch erwähnen, dass die nötige Konstruktion, um den Standard zu erfüllen, relativ hohe Kosten verursacht. Und diese Kosten steigen, je höher der IP-Wert ist.
Die Verwendung des IP-Standard bietet somit greifbare Vorteile für den Hersteller eines Messgeräts, den Händler und für den Benutzer. Für erstere ist es ein ausgezeichnetes Argument im Kampf um den Kunden. Als ein weiterer praktischer Vorteil durch die grössere Zuverlässigkeit der verkauften Geräte.
Was bedeuten die Codes des IP-Werts und wieviel Schutz steckt dahinter?
Die Herleitung des IP-Werts (die Abkürzung wird manchmal dem Ausdruck International Protection oder Ingress Protection zugeschrieben) ist nicht schwer. Lassen Sie uns an diesem Punkt kurz erklären, dass der Wert aus zwei Ziffern besteht. Die erste Ziffer zeigt den Widerstand gegen Festkörper und die zweite steht für den Widerstand gegen das Eindringen von Wasser.
Die erste Kennziffer des IP-Codes definiert den Schutz gegen Fremdkörper und den Schutz gegen Berührungen:
Kennziffer | Bedeutung | |
DIN EN 60529 | Schutz gegen Fremdkörper | Schutz gegen Berührung |
0 | kein Schutz | kein Schutz |
1 | Geschützt gegen feste Fremdkörper mit Durchmesser ab 50 mm | Geschützt gegen den Zugang mit dem Handrücken |
2 | Geschützt gegen feste Fremdkörper mit Durchmesser ab 12,5 mm | Geschützt gegen den Zugang mit einem Finger |
3 | Geschützt gegen feste Fremdkörper mit Durchmesser ab 2,5 mm | Geschützt gegen den Zugang mit einem Werkzeug |
4 | Geschützt gegen feste Fremdkörper mit Durchmesser ab 1,0 mm | Geschützt gegen den Zugang mit einem Draht |
5 | Geschützt gegen Staub in schädigender Menge | vollständiger Schutz gegen Berührung |
6 | Staubdicht | vollständiger Schutz gegen Berührung |
Die zweite Ziffer des IP-Codes gibt den Schutz gegen Wasser an:
2. Kennziffer | Bedeutung: |
DIN EN 60529 | Schutz gegen Wasser |
0 | kein Schutz |
1 | Schutz gegen Tropfwasser |
2 | Schutz gegen fallendes Tropfwasser, wenn das Gehäuse bis zu 15° geneigt ist |
3 | Schutz gegen fallendes Sprühwasser bis 60° gegen die Senkrechte |
4 | Schutz gegen allseitiges Spritzwasser |
5 | Schutz gegen Strahlwasser (Düse) aus beliebigem Winkel |
6 | Schutz gegen starkes Strahlwasser |
7 | Schutz gegen zeitweiliges Untertauchen |
8 | Schutz gegen dauerndes Untertauchen |
9 | Schutz gegen Wasser bei Hochdruck-/Dampfstrahlreinigung, speziell Landwirtschaft |
Manchmal erscheint in der Bezeichnung auch der Buchstabe X. Dies wird oft als Mangel an Schutz gegen einen gegebenen Faktor verstanden. Allerdings ist dies eine Fehlinterpretation! Nehmen wir zum Beispiel den IPX7 Standard, so bedeutet das nur, dass das Gerät aus irgendeinem Grund nicht auf feste Körper getestet wurde. Das bedeutet jedoch nicht, dass das Gerät gegen sie völlig schutzlos ist. Die Vorstellung ist schwierig, obwohl das Instrument tief tauchen könnte, kann Wasser in das Innere eindringen oder – sagen wir mal – Sand.
Was sagt die Schutzart über Baulaser aus? Welche wichtigen Angaben für die Praxis fehlen aber?
Sie sollten beachten, dass die Standard-IP-Werte einige wichtige Einschränkungen aufweisen. Auch wenn Sie einen Bau-Laser kaufen, der dem höchsten Standard entspricht, bedeutet es nicht, dass dieser alles immer und überall aushält.
Sehen Sie, was Sie mit einem Baulaser machen können, der einen IP-Wert 68 hat. Im Film ist es ein Rotationslaser der Leica Rugby 800-Serie.
Die Norm zum IP-Wert definiert einiges aber nicht alles
Detaillierte Regeln für die Vergabe des IP-Codes wurden in der Norm 60529 der Internationalen Elektrotechnischen Kommission (IEC) verfasst. Dieses Dokument besteht aus fast 100 Seiten. Es beschreibt die Regeln der Zertifizierung von Geräten, um ein gewisses Mass an Schutz zu erreichen. Um beispielsweise in der Lage sein, die Produktnorm IPX6 zu erreichen, muss das Gerät 3 Minuten aus einer Entfernung von 3 m bei einem Druck von 100 kPa und einer Menge von 100 Litern pro Minute überstehen.
Das Problem ist, dass sich die Rolle der IEC nur auf die Herstellung des Standards beschränkt. Diese Organisation führt keine Zertifizierungstests durch und überprüft auch nicht die Richtigkeit von Klassifizierungen.
Damit stellt sich die Frage, ob man als Kunde dem Hersteller blind vertrauen kann. Wurde der Test vom Hersteller oder von einem Speziallabor im Einklang mit den Leitlinien der Kommission durchgeführt? Wurde zu diesem Zweck ein Messgerät aus der Massenproduktion verwendet oder bestand die Möglichkeit ein getuntes, frisiertes oder manipuliertes Gerät einzusetzen? Und letztlich stellt sich die Frage, ob ein solcher Test jemals stattfand?
Das Lesen von Online-Foren zeigt, dass im Fall von einigen Messinstrumenten (vor allem von einigen eher exotischen Marken) die obigen Fragen durchaus berechtigt sind. Warum sollte bei der Deklaration von elektronischen Geräten nicht geschwindelt werden können?
Was kann ich als Interessent oder Kunde tun? Ein möglicher Weg könnte sein, die Angaben des Herstellers zu überprüfen. Sie müssten also prüfen, wer, wann und wie die Tests zur Übereinstimmung mit der Norm 60529 durchgeführt hat. Mit einer Anfrage an der Hersteller kann man diese Informationen evtl. erhalten. Sie können auch Ihren Lieferant zu Kompatibilität des Instruments mit dem internationalen Standards befragen. Es ist Zeit, zu sehen, ob er es glaubwürdig tut oder ob er nur wenig überzeugen kann.
Eventuell kann der Verbraucherschutz einbezogen werden, wenn die Angaben zum Messgerät angezweifelt werden.
Bei den Laserentfernungsmessern gibt es mit dem Leica Disto X310 ein Modell mit Widerstand IP65, das auch Stürze oder ein Schlammbad übersteht.
Altern ist nicht vorgesehen
Auch dann, wenn ein Hersteller ehrlich ist und die Laser-Messgeräte korrekt testet, darf man nicht vergessen, dass diese Tests nach der Norm IEC 60529 an brandneuen Geräten im Labor stattfinden. Im Laufe der Jahre altern Messinstrumente, weil sie verschiedenen physikalischen und chemischen Prozessen ausgeliefert sind, so dass zwangsläufig die Dichtigkeit des Gehäuses nachlässt. Es leuchtet ein, dass die Spezifikation IEC nur für neue Geräte gilt. Wie lange ein Gerät die vom Hersteller angegebene IP-Klasse erfüllt, wird von der IEC-Norm nicht festgelegt oder gemessen.
Bei längerem Gebrauch des Gerätes, sollte besonderes Augenmerk auf Teile aus Gummi (Dichtungen, Tastaturen) gelegt werden. Im Laufe der Zeit können sie spröde werden und kaputt gehen.
Nicht nur Wasser und Staub…
Der IP-Wert suggeriert eine Widerstandsfähigkeit gegenüber äusseren Einflüssen. Tatsächlich gibt er aber nur die Beständigkeit gegen Eindringen von Wasser und Staub an! Daneben gibt es etliche andere Faktoren, die die Norm nicht berücksichtigt, die aber unter ungünstigen Bedingungen trotzdem das Messgerät beeinflussen, beschädigen oder sogar vollständig zerstören können.
Hier sind die wichtigsten:
- Feuchtigkeit – Wie? Die IP-Kennzeichnung bezieht sich nicht auf Feuchtigkeit? Nun, nein! Die zweite Ziffer bezieht sich auf das Eindringen von Wasser. Aber was ist mir Wasserdampf? Oder mit im Inneren des Geräts kondensierendem Wasser, das temporäre oder dauerhaft Schäden hervorruft? Den Transport in einer geschlossenen feuchten Tasche sollte ein Baulaser schon aushalten. Die Feuchtigkeit im Inneren des Gehäuses eines Rotationslasers kann für die Elektronik bereits tödlich sein. Erinnern Sie sich daran, dass man nasse Instrumente nicht in geschlossenen Kisten transportieren darf.
- Stürze – Hersteller und Verkäufer von Messgeräten geben oft an, aus welcher Höhe ein Instrument fallen gelassen werden kann und danach trotzdem weiter einsetzbar ist. Das sind normalerweise 1-1,5 m, die der typischen Einsatzhöhe entsprechen, wenn in der Regel in der Hand oder auf einem Stativ montiert gehalten wird. Die Frage nach dem Widerstand gegen die Auswirkungen von Stürzen ist sehr heikel – denn was nützt es, wenn nach dem Fall der Baulaser zwar betriebsbereit ist, aber sind die Messresultate nicht mehr korrekt sind.
- Vibrationen – Die Hersteller der Geräte integrieren zum Teil Mechanismen, die über lange Zeiträume vor Vibrationen schützen. Wenn ein Messgerät auf schweren Baumaschinen, an Motoren oder in Industrieanlagen verwendet werden soll, dann kann ein solches Merkmal von Bedeutung sein.
- Temperatur – Obwohl in Mitteleuropa ein gemässigtes Klima vorherrscht, sind die Temperaturunterschiede oft beträchtlich. Je nach Standort erreichen die Extremwerte bis zu -30° C im Winter und + 40° C im Sommer. Würde man die Temperatur nicht im Schatten messen, so wäre der Sommerwert offensichtlich noch wärmer. Es gibt nicht viele Messgeräte, die in einem so breiten Spektrum eingesetzt werden können. Die Hersteller geben den Temperaturbereich an, in dem ein Baulaser ordnungsgemäss funktioniert. Einige gehen noch einen Schritt weiter und geben auch akzeptable Lagertemperaturen an. Dieses Temperaturspanne ist verständlicherweise breiter als diejenige der Einsatztemperatur.
- Salinität – Als Autofahrer kennt man den verderblichen Einfluss von Salz auf die Karosserie. Diese Substanz kann das Gehäuse von Messinstrumenten oder elektronische Verbindungen zerstören. Unter normalen Umständen kommt ein Baulaser nicht mit Salz in Berührung. Das Salz von der Strassenoberfläche kommt kaum auf unsere Ausrüstung. Wenn man jedoch in einem Salzbergwerk oder in der Nähe des Meeres arbeitet, ist beim Kauf von Ausrüstung auf die Beständigkeit des Messgeräts gegen Natriumchlorid zieht.
Militärische Standards – Alternative zum IP-Wert?
Die Liste der schädlichen Faktoren kann weiter ausgedehnt werden auf mehrere oder sogar ein Dutzend einzelner Punkte. So zeigt sich, dass der IP-Wert nur in einem engen Bereich von der Stärke des Messgeräts zeugt.
Wegen der stetig wachsenden Popularität solcher Normen wurde von der US-Armee MIL-STD-810 entwickelt. Die Bezeichnung bezieht sich auf eine ganze Anzahl von Faktoren – nicht nur auf Staub und Wasser sowie die Temperatur. Weitere Faktoren sind beispielsweise ein Säureschock, schnelle Beschleunigung, akustische Reize oder sogar Pilze! Kurz gesagt, ein Messgerät, das jeder Operation der US-Armee überall in der Welt standhalten würde. Natürlich hat auch der Standard MIL-STD-810, wie auch der IP-Wert seine Einschränkungen und Nachteile. Aber das ist ein Thema für einen anderen Beitrag.
entfernungsmesser says
Tagchen. Ich bin per Zufall hier gelandet. Aber trotzdem möchte ich ihnen ein Kommentar da lassen, da ich ihren Blog besonders informativ finde.
Auch ihr Entwurf ist besonders sympathisch.
MfG
admin says
Hallo Serhat
Danke für das Lob. Von einem Test-Kollegen hört man das gerne.
Den Link zur Entfernungsmesser-Seite haben wir angepasst.
Liebe Grüsse